Es braucht nur etwas grundlegende Physik, um das Wesentliche des Wasserkreislaufs zu beschreiben. Damit können wir klimatologische Variationen und die Änderungen mit dem globalen Klimawandel sehr gut wiedergeben. Dies ist im gerade veröffentlichten Aufsatz beschrieben und in diesem Youtube Video erklärt.

Kürzlich erschienen ist dieser neue Aufsatz zu Dürren in Deutschland in Physik in unserer Zeit. Im Artikel geht es zum Einen um die Thermodynamik des Wasserkreislaufs, insbesondere darum, welche Prozesse Arbeit verrichten und wie sie durch thermodynamische Grenzen im Zusammenhang des Gesamtsystems Erde beschrieben werden können. Zum Anderen geht der Artikel auf eine Analyse der Trockenheit in Deutschland ein und wie sie sich über die letzten Jahrzehnte verstärkt hat. Hierbei werden Beobachtungsdatensätze vom Deutschen Wetterdienst benutzt und mit dem thermodynamischen Ansatz zusammengebracht. Diese Analyse zeigt, wie stark der globale Klimawandel und damit verbundene Trockenheit in Deutschland sich schon ausgewirkt haben. Diese Aspekte sind auch in diesem Video auf dem Youtube Kanal Urknall, Weltall und das Leben beschrieben.
Im Folgenden gebe ich eine kurze Zusammenfassung. Zum Klimawandel in Deutschland plane ich noch einen getrennten Blogbeitrag.
Der Wasserkreislauf arbeitet fern des Gleichgewichts
Physikalisch gesehen ist der Wasserkreislauf ein System, welches weit vom sogenannten thermodynamischen Gleichgewicht operiert. Gleichgewicht ist gesättigte Luft. Dies ist ein langweiliger Zustand, weil in ihm praktisch nichts passiert. In diesem Zustand balancieren sich die Verdunstungsrate, also dem Übergang von flüssigem Wasser in den Gaszustand mit der Rate an Kondensation, dem umgekehrten Phasenübergang von gasförmig zu flüssig. Diese Balance findet lokal und kontinuierlich statt. Ein gutes Bild für so einen Zustand ist ein nebliger Novembertag.
Der Wasserkreislauf im Erdsystem repräsentiert einen Zustand fernab dieses Gleichgewichts. Sättigung gibt es zwar, aber nur vergleichsweise selten und nur lokal begrenzt. Im Großen und Ganzen ist die Atmosphäre meistens ungesättigt, und Verdunstung und Niederschlag sind örtlich und zeitlich voneinander getrennt. Dies repräsentiert dieses Nichtgleichgewicht.
Der Wasserkreislauf pendelt zwischen zwei Phasen
Wir können deshalb die Dynamik des Wasserkreislaufs aufteilen in zwei Phasen (siehe Abbildung):
- Die Verdunstungsphase: In ihr wird Wasserdampf in die Atmosphäre eingebracht, das Nichtgleichgewicht von ungesättigter Luft wird abgebaut. Verdunstung findet überwiegend an der Oberfläche statt und braucht sehr viel Energie. Sie kommt überwiegend aus der absorbierten Solarstrahlung, und wird über die Energiebilanz der Erdoberfläche und durch die Thermodynamik begrenzt – letzteres gleich zwei Mal: zum einen kann maximal gesättigte Luft in die Atmosphäre eingebracht werden, zum anderen braucht es Arbeit, um Luft vertikal zu mischen und so den Wasserdampf in die Atmosphäre einzubringen. Die Kombination von beidem beschreibt die sogenannte potenzielle Verdunstung, also Verdunstung, wenn ausreichend Wasser zur Verfügung steht (siehe auch Kleidon et al. 2014, Conte et al. 2019, Kleidon 2021).
- Die Niederschlagsphase: Wenn Luft aufsteigt und kühler wird, kann Wasserdampf kondensieren und Wolken bilden. Die Energie aus der Verdunstung wird wieder freigesetzt. Die Luft in der Wolke wird dabei erwärmt, sie steigt weiter auf, und zieht mehr feuchte Luft nach sich. Es wird Arbeit geleistet, in dem Luft beschleunigt und entfeuchtet wird. Es entsteht Niederschlag, Luftbewegung und Nichtgleichgewicht in Form von ungesättigter Luft. Gut sehen kann man diese Dynamik in Gewitterwolken oder in Form von der atmosphärischen Zirkulation in den Tropen.

Wir können uns nun den Wasserkreislauf so vorstellen, dass er zwischen diesen beiden Phasen hin und her pendelt. Die Verdunstungsphase dauert allerdings in der Regel länger, da die Energie für die Verdunstungsdynamik durch die solare Einstrahlung begrenzt ist. Die Niederschlagsphase ist wesentlich kürzer, weil sie die Energie aus der Kondensation von in der Luft gespeichertem Wasserdampf zieht. Diese freigesetzte Energie erwärmt die Luft in der Wolke, erzeugt Auftrieb, zieht mehr feuchte Luft nach, erzeugt damit mehr Auftrieb und beschleunigt sich deshalb selbst.
Die globale Erwärmung verstärkt die Amplitude dieser Pendeldynamik
Mit dem globalen Klimawandel verstärkt sich zunächst die atmosphärische Gegenstrahlung – also der Strahlung, die die Atmosphäre in Richtung Oberfläche emittiert. Damit steht mehr Energie zur Verfügung, die Oberfläche wird wärmer. Die potenzielle Verdunstung verstärkt sich also mit dem Klimawandel – es gibt mehr Energie, und bei wärmeren Temperaturen fördert dies die Aufteilung an der Oberfläche zugunsten der Verdunstung.
Die Atmosphäre wird damit auch wärmer, zumindest ihr unterer Teil, der den Wasserdampf hält. Und wärmere Luft kann mehr Wasserdampf halten. Den Gehalt an Wasserdampf in der gesättigten Luft ist dann mathematisch beschrieben durch die sogenannte Clausius-Clapeyron Gleichung. Sie führt zur Sättigungsdampfdruckkurve, also einer quasi exponentiellen Zunahme von Wasserdampf mit der Lufttemperatur. Das ist die Gleichung, die aussagt, dass wärmere Luft mehr Wasserdampf halten kann – etwa 7% pro Grad Erwärmung. Auch wenn die Atmosphäre nicht vollständig gesättigt ist, setzt dies den oberen Rand für das Pendeln des Wasserkreislaufs zwischen Verdunstung und Niederschlag. Der untere Rand wird durch die maximale Arbeit gesetzt, aus der Kondensation gewonnen wird und die Luft entfeuchtet.
Die globale Erwärmung hat somit gravierende Folgen für den Wasserkreislauf. Die Verdunstung steigt, wie schon beschrieben. Weil die Atmosphäre mehr Wasserdampf halten kann, wird die Amplitude des Pendelns zwischen den Phasen vergrößert. Niederschlag wird somit ertragreicher, leistungsstärker und kürzer. Und weil die Fähigkeit der Atmosphäre, Wasserdampf zu halten, stärker pro Grad Erwärmung wächst als die Verdunstung, wird die Verdunstungsperiode in der Regel länger. Trockenperioden nehmen also zu, Niederschlagsereignisse eher ab, dafür aber werden sie stärker. Und kürzere Niederschlagsperioden sollten dann auch zu kürzer lebenden Wolken führen. Also mehr Solarstrahlung an der Oberfläche, die die Erwärmung und Verdunstung dann noch weiter verstärkt.
Mehr dazu, insbesondere wie man dies mit Gleichungen beschreiben kann und damit Trockenheit in Deutschland bestimmen kann, gibt es in dem Artikel. Ausführlicher erklärt ist es in diesem Youtube Video.
Videos
Kanal “Urknall, Weltall, und das Leben” auf youtube:
Kanal “Videowissen” auf youtube:
Vortrag auf der Langen Nacht Der Wissenschaften in Jena, 2024:
Referenzen
Kleidon, A. and Renner, M. (2013) Thermodynamic limits of hydrologic cycling within the Earth system: concepts, estimates and implications, Hydrol. Earth Syst. Sci., 17, 2873–2892, https://doi.org/10.5194/hess-17-2873-2013.
Kleidon, A., Renner, M., and Porada, P. (2014) Estimates of the climatological land surface energy and water balance derived from maximum convective power, Hydrol. Earth Syst. Sci., 18, 2201–2218, https://doi.org/10.5194/hess-18-2201-2014.
Kleidon A. (2016) Hydrologic cycling. In: Thermodynamic Foundations of the Earth System. Cambridge University Press; 2016:188-218.
Conte, L., Renner, M., Brando, P., Oliveira dos Santos, C., Silvério, D., Kolle, O., et al. (2019) Effects of tropical deforestation on surface energy balance partitioning in southeastern Amazonia estimated from maximum convective power. Geophysical Research Letters, 46, 4396–4403. https://doi.org/10.1029/2018GL081625
Kleidon, A. (2021) What limits photosynthesis? Identifying the thermodynamic constraints of the terrestrial biosphere within the Earth system, Biochimica et Biophysica Acta (BBA) – Bioenergetics, 1862: 148303, https://doi.org/10.1016/j.bbabio.2020.148303.
Kleidon, A. (2024) Dürren in Deutschland. Phys. Unserer Zeit, 55: 190-197. https://doi.org/10.1002/piuz.202401697
