Warum Photovoltaik die Königin der Effizienz ist: mehr Hintergrund und Literaturhinweise zur ZDF Terra-X Kolumne

Photovoltaik ist die Energie der Zukunft – wie ich es kürzlich auf dem Terra-X Blog beschrieben habe. Aber warum? Das kann man recht einfach aus grundlegender Physik erschliessen. Genauer gesagt, es geht um Entropie, und wie sich aus Sonnenlicht am effizientesten Energie gewinnen lässt. Und daraus zeigt sich, dass die Photovoltaik nahezu unschlagbar ist in ihrer Effizienz. Hier gibt‘s mehr Hintergrundinfos und Links zu Literatur.

Abbildung 1: Photovoltaik ist wesentlich effizienter in der Nutzung von Sonnenenergie, weil es Sonnenlicht nutzt, bevor es zu Wärme wird und nicht von Austauschprozessen der Atmosphäre abhängt. Nach Kleidon (2023).

Um zu sehen, warum die Photovoltaik so effizient in der Nutzung von Sonnenlicht ist, müssen wir zunächst Energie von nutzbarer Energie unterscheiden. Ein Glas Wasser, dass bei uns auf dem Küchentisch steht, speichert Wärme. Schliesslich ist es ja an die 20 Grad Celsius warm. Die Temperatur misst, wieviel Wärmeenergie im Glas gespeichert ist. Aber sie ist nicht nutzbar, also umformbar, wenn sie die gleiche Temperatur wie die Küchenluft hat.

An dem Beispiel sieht man schon, dass der Temperaturunterschied entscheidend ist, wenn es um die Nutzbarkeit von Energie geht. Und ein Temperaturunterschied hat mit Unterschieden in der Entropie zu tun – etwas, was nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik abgebaut werden will. 

Entropie: Entscheidend für nutzbare Energie 

Die Entropie schlägt zu, wenn es um Energieumwandlungen geht – so wie in einem Kraftwerk (Abbildung 2). Dort wird die Wärme, die bei der Verbrennung freigesetzt wird, aufgeteilt in Stromerzeugung und Abwärme, die über die Kühltürme in die Umgebung abgeführt wird. Und ein Teil der Verbrennungswärme wird in nutzbare Energie, also Strom, umgesetzt. Das sehen wir uns mal genauer an, um die Rolle der Entropie zu erkennen.

Abbildung 2: Wie ein Kraftwerk nutzbare Energie erzeugt.

Die Energieumwandlung folgt dabei den Regeln der Thermodynamik. Sie agieren hier gleich zweimal und begrenzen, wieviel Energie maximal nutzbar gemacht werden kann. 

Der erste Hauptsatz formuliert die Energieerhaltung: Energie bleibt bei Umwandlungen insgesamt erhalten. Die Erzeugung von elektrischer Energie und die Abwärme müssen die bei der Verbrennung freigesetzte Wärme bilanzieren (also die Pfeile in der Abbildung). Das spiegelt die wohlbekannte Energieerhaltung wider.

Und dann ist da noch die Entropie: Die Verbrennung bringt Wärme bei wesentlich höherer Temperatur in den Umwandlungsprozess des Kraftwerks ein als was die Abwärme über die Kühltürme abführt. Dies kann man an Clausius‘ Ausdruck für Entropieänderung, ∆S = ∆Q/T, erkennen. Bei der Verbrennung wird der Umwandlung Wärme bei hoher Verbrennungstemperatur zugeführt, also mit geringer Entropie. Die Abwärme führt einen Teil dieser Wärme der Umwelt zu, aber bei einer wesentlich geringeren Temperatur, also bei höherer Entropie. Der Temperaturunterschied zwischen Verbrennungswärme und Abwärme übersetzt sich so in einen Entropieunterschied. Das ist in der Abbildung durch die beiden horizontalen Linien dargestellt.

Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik fordert nun, dass mindestens soviel Entropie aus dem Kraftwerk entfernt werden muss wie ihm bei der Verbrennung zugeführt wurde. Da die Temperatur aber niedriger ist, und damit die Entropie pro abgegebener Wärme höher, muss nur ein Teil in Abwärme aufgehen, um den zweiten Hauptsatz zu erfüllen. Den Rest kann man in nutzbare Energie wie Strom umwandeln und dann nutzen.

Die beste – sprich, effizienteste – Umwandlung ist dabei die, wo die exportierte Entropie über die Abwärme genau der durch die Verbrennung hinzugeführte Entropie entspricht. Dies setzt die sogenannte Carnot‘sche Grenze und bestimmt, wie effizient der Umwandlungsprozess maximal sein kann. Und dafür ist die Entropie entscheidend, weil es der zweite Hauptsatz ist, der zu dieser Leistungsgrenze führt.

Die Erde als Kraftwerk

Die gleichen Regeln der Thermodynamik gelten auch für die Erde. Die Erde formt Sonnenlicht um, also elektromagnetische Strahlung im sichtbaren Wellenbereich. Wenn das Licht absorbiert wird, wird daraus Wärme. Unterschiede in der Erwärmung nutzt die Atmosphäre, um Arbeit zu verrichten — genau so, wie es auch ein Kraftwerk macht (Abbildung 3).

Zum Einen bildet sich ein vertikaler Unterschied aus, weil Sonnenlicht überwiegend an der Erdoberfläche absorbiert wird, die Emission ins Weltall aber überwiegend von der Atmosphäre bewerkstelligt wird. Dieser vertikale Unterschied in Erwärmung und Abkühlung treibt die Konvektion, also vertikale Luftbewegung, sowie den Wasserkreislauf an. Zum Anderen gibt es horizontale Unterschiede zwischen Tropen und Polargebieten, die die großskalige Zirkulation mit ihren Hoch- und Tiefdruckgebieten antreiben.

Die Temperaturunterschiede sind dabei aber ziemlich gering, viel geringer als in einem Kraftwerk. Es entsteht dabei also vergleichsweise wenig Arbeit, die dann die Winde erhält. Trotzdem lässt sich recht einfach zeigen, dass die Atmosphäre das beste daraus macht – sie arbeitet so hart wie sie kann.

Abbildung 3: Weitere Energieumwandlungen und deren Beziehung zu unterschiedlichen erneuerbaren Energieformen. Nach Kleidon (2019).

Die Arbeit der Atmosphäre wird dann verteilt, und wird dann letztendlich entweder durch Reibung nahe der Oberfläche wieder in Wärme umgewandelt, oder sie treibt weitere Klimaprozesse an. So entstehen aus Wind zum Beispiel Wellen über dem Meer. Diese durchmischen den oberen Teil des Meeres und treiben die sogenannte windgetriebene Ozeanzirkulation an.

Dabei entstehen verschiedene Formen von erneuerbaren Energien – aus Sonnenlicht wird Windenergie, Wellenenergie und Energie in Meeresströmungen. Aber im Vergleich zum einfallenden Sonnenlicht ist es relativ wenig.  Und jedes Mal, wenn die Energie wieder umgewandelt wird, werden die Potenziale geringer.

Insgesamt betrachtet sind es nur etwa 1%, was vom einfallenden Sonnenlicht in die Bewegungsenergie der großräumigen Luftbewegungen der Atmosphäre umgesetzt werden. 

Sonnenlicht lässt sich effizienter nutzen, wenn die Umwandlung in Wärme vermieden wird

Also wie lässt sich Sonnenlicht besser nutzen?

Im Prinzip könnte man viel nutzbare Energie aus Sonnenlicht gewinnen. Die Strahlung der Sonne spiegelt die Temperatur wieder, bei der sie emittiert wurde. Also mehr als 6000 Grad Celsius. Im Vergleich zur Oberflächentemperatur der Erde formt dies einen gewaltigen Temperaturunterschied – Sonnenlicht ist Energie mit ganz niedriger Entropie. Und so sollte sich eigentlich sehr effizient sehr viel nutzbare Energie aus Sonnenlicht erzeugen lassen.

Genauer gesagt ist Sonnenlicht Energie mit sehr niedriger Strahlungsentropie. Die Energie ist konzentriert auf relativ wenige Photonen, sie sind energiereich und können chemisch was verändern, sie können Elektronen anregen, wenn Photonen mit bestimmten Wellenlängen absorbiert werden. Wenn diese angeregten Elektronen genutzt werden könnten, führt dies zu Ladungstrennung – Arbeit wird verrichtet. Wenn sie ungenutzt bleiben, zerfällt ihr angeregter Zustand, es entsteht Wärme, und das mit hoher Entropie, weil die Erdoberfläche ja wesentlich kühler als die Sonne ist.

Photosynthese nutzt Sonnenlicht direkt und könnte sehr effizient sein, aber es hapert am Nachschub

Diese Ladungstrennung, das ist genau das, was Photosynthese mit angeregten Elektronen macht. In ihren Lichtreaktionen in den Photosystemen wird damit Wasser gespalten und dann in Proton und Elektron zerlegt, bevor es weiter in chemische Energieträger umgewandelt wird. In den Dunkelreaktionen werden diese dann genommen, um diese mit Kohlendioxid zu verbinden und in Kohlehydrate und Sauerstoff umzubauen. Und so entsteht aus Sonnenlicht chemische Energie in Form von Kohlehydraten. Diese Energie wird dann von Pflanzen, Nahrungsketten, und den Menschen verbraucht, kann aber auch als erneuerbare Energie in Form von Biofuels oder Ähnliches genutzt werden.

Im Labor ist die Photosynthese sehr effizient, insbesondere der erste Schritt. Bei geringen Lichtintensitäten arbeitet auch der zweite Schritt an der Leistungsgrenze. Aber in der Natur sieht die Lage ganz anders aus. Wenn wir uns die Effizienz dieser Umwandlung in natürlichen Ökosystemen ansehen, springt dabei nicht viel heraus (Abbildung 4). Lediglich 3% oder weniger können Pflanzen vom Sonnenlicht nutzen. Warum aber ist die Effizienz so niedrig? Das Leben hatte doch Millionen von Jahren Zeit, bessere Prozesse zu entwickeln und effizienter zu werden.

Abbildung 4: Die Photosynthese natürlicher Ökosysteme wandelt weniger als 3% des Sonnenlichts in chemische Energie um. Nach Kleidon 2021.

Eine mögliche Erklärung ist, dass es nicht die Umwandlung von Licht ist, die ineffizient ist, sondern die Aufnahme von Kohlendioxid aus der Luft. Pflanzen besitzen auf der Blattunterseite kleine „Ventile“, ihre Stomata, durch denen das Kohlendioxid aus der Atmosphäre in das Blattinnere gelangt. Dabei verlieren Pflanzen jede Menge Wasser, weit mehr als das Wasser, was für die Photosynthese gebraucht wird. Und dieser Wasserverlust ist selbst thermodynamisch limitiert, wie auch die Intensität der Luftmischung, die Wasser von den Pflanzen abführt und Kohlendioxid zu den Pflanzen bringt. Und dieser geringe Nachschub kann die geringe Effizienz der Photosynthese erklären.

Also ist es nicht die Umwandlung von Licht, die bremst, sondern der materielle Nachschub, der für die Speicherung der Energie in Kohlehydraten gebraucht wird. Und so nutzt die Photosynthese, global betrachtet, auch nur etwa 1% der einfallenden Solarenergie.

Photovoltaik braucht nur Licht und ein Kabel zum Stromnetz

Anders sieht es bei der Photovoltaik aus. Der erste Schritt ist wie bei der Photosynthese – es findet Ladungstrennung statt. Aber Photovoltaik braucht kein Kohlendioxid aus der Atmosphäre, es braucht auch kein Wasser, sondern speist die Elektronen direkt ins Stromnetz ein. So sind selbst übliche Paneele mit 20% Effizienz der Photosynthese schon weit überlegen, wenn es um die Nutzung des Sonnenlichts geht.

Im Prinzip lassen sich sogar noch wesentlich höhere Effizienzen erzielen. Schliesslich ist die Sonne ja sehr heiss, und die Erdoberfläche vergleichsweise sehr kühl.  Genauere Herleitungen folgen letztendlich den gleichen Gesetzen der Thermodynamik, nutzen aber die Ausdrücke für Strahlungsentropie, und kommen auf eine Obergrenze von etwa 73% (Landsberg & Tonge 1980; Kleidon 2016). Was das bedeutet ist, dass wir in naher Zukunft noch erheblich höhere Effizienzen bei der Photovoltaik erwarten können.

Der Blick auf‘s Ganze

Setzen wir zum Abschluss den Blick auf‘s Ganze (Abbildung 1). Wie also kann das System Erde nutzbare Energie aus dem einfallenden Sonnenlicht gewinnen?

Es bieten sich letztendlich nur drei Möglichkeiten:

  1. Kraftwerk.  Sonnenlicht wird absorbiert und erwärmt die Oberfläche.  Dabei geht aber viel des nutzbaren Teils des Sonnenlichts verloren, weil die Energie auf das Temperaturniveau der Erdoberfläche „entwertet“ wird (dies geschieht durch die sogenannte „Thermalisierung“).  Die Atmosphäre nutzt Erwärmungsunterschiede, um Arbeit zu leisten.  Diese Arbeit unterhält Luftströmungen und Wasserkreislauf, und bewegt den Ozean.  Auch wenn die Atmosphäre an ihrer Leistungsgrenze arbeitet, springt dabei aber nicht allzu viel nutzbare Energie heraus.  Schließlich sind die Temperaturunterschiede auf der Erde sehr gering.
  2. Photosynthese.  Sonnenlicht wird absorbiert, Elektronen werden angeregt, Wasser gespalten, und damit Arbeit in Form von Ladungstrennung geleistet.  Es entsteht also nutzbare Energie, der Zerfall in Wärme wird zumindest zum Teil verhindert. Das Problem ist nur, dass auch Kohlendioxid gebraucht wird. Und das wird durch die geringe Durchmischung der unteren Atmosphäre begrenzt. Es wird also auch nur etwa 1% des Sonnenlicht in nutzbare Energie umgeformt. 
  3. Photovoltaik. Hier wird wie bei der Photosynthese Ladung getrennt statt Wärme erzeugt, wenn Sonnenlicht absorbiert wird. Dann braucht es lediglich einen Anschluss ans Stromnetz, um die nutzbare Energie zum Verbraucher zu bringen. So kann die Photovoltaik bereits heute 20% und mehr der Sonnenenergie in Form von elektrischer Energie nutzbar machen.  

So ist die Photovoltaik also die Königin der Effizienz, wenn es um die Nutzung von Sonnenlicht geht.

Was bedeutet dies für die Energiewende in Deutschland?

Selbst bei uns können wir im Prinzip sehr viel mehr Energie über Photovoltaik erzeugen, als wir an Primärenergie verbrauchen. Natürlich – im Winter ist‘s hier ziemlich finster. Aber gerade dann weht der Wind stärker über Deutschland. Auch dies hat einen einfachen, thermodynamischen Grund: Der treibende Temperaturunterschied ist dann größer, und das atmosphärische Kraftwerk leistet dann mehr. So kann zumindest in Deutschland die stärkere Windenergie im Winter das Schwächeln der Photovoltaik abfangen.

Referenzen und Links

Ein Video von einem Online-Vortrag zu einem ähnlichen Thema erschien auf Faszination Astronomie Online.

A. Kleidon (2012) Was leistet die Erde? Thermodynamik des Erdsystems. Physik in unserer Zeit, 50(3), 120-127.

A. Kleidon (2016) Thermodynamic foundations of the Earth system. Cambridge University Press.

A. Kleidon (2019) Sonne statt Flaute. Erneuerbare Energiequellen und ihre Grenzen in Deutschland. Physik in unserer Zeit, 50(3), 120-127.

A. Kleidon (2019) Was leistet die Erde und was trägt die Menschheit dazu bei? Antworten aus der Thermodynamik des Erdsystems. In: Leibniz Online.

A. Kleidon (2021) Was begrenzt das Leben? Thermodynamik und Photosynthese im Erdsystem. Physik in unserer Zeit, 52(2), 230-235.

A. Kleidon (2023) Working at the limit: a review of thermodynamics and optimality of the Earth system. Earth System Dynamics, 14: 861-896.

P. T. Landsberg and G. Tonge (1980) Thermodynamic energy conversion efficiencies. J. Appl. Phys. 51, R1–R20 (1980).

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